Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen
Der Bundesgerichtshof musste sich im Beschluss vom 17.09.2014 - XII ZB 202/13 -
mit dem Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen für eine Patientin beschäftigen, die im Wachkoma lag.
Der Ehemann und die Tochter der Patientin waren deren gesetzliche Betreuer. Sie gelangten
zu dem Schluss, dass der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen dem Willen ihrer Ehefrau und Mutter entsprochen
hätte. Diese konnte sich selbst nicht mehr äußern, da sie im Wachkoma lag. Scheinbar gelangte auch die
Ärztin zu diesem Schluss, wenn auch nicht sofort. Trotzdem zog sich das Verfahren vom Amtsgericht Stollberg
über das Landgericht Chemnitz bis zum Bundesgerichtshof hin.
Der Bundesgerichtshof
entschied im Ergebnis zu Gunsten der Patientin, musste das Verfahren aber an die Vorinstanz zurückverweisen.
Beachtenswert sind Ausführungen des BGH zu der Frage, warum er überhaupt entscheiden durfte. Nach dem
Gesetzewortlaut durfte er es nicht.
Nach § 1904 Absatz
4 BGB ist keine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich, wenn der Betreuer und der behandelnde Arzt
sich einig sind. Dies muss im Verfahren der Fall gewesen sein. Eine entsprechende Erklärung der Ärztin wurde
wohl zur Akte gereicht. Der Bundesgerichtshof kommt den Beteiligten soweit entgegen, dass er - entgegen der
Gesetzeslage - ein Negativattest des Betreuungsgerichts für zulässig erachtet, dass keine
Genehmigungsbedürftigkeit besteht. Dies kommt den Beteiligten entgegen, denen andernfalls strafrechtliche
Folgen drohen, wenn sie sich irren.
Ãœberraschenderweise sollte sich das
Betreuungsgericht hier aber nicht auf das Negativattest beschränken, sondern vollständig prüfen, ob der
Behandlungsabbruch dem mutmaßlichen Willen der Patientin entspricht. Dies stützte der Bundesgerichtshof
zunächst auf die Aussage, dass die behandelnde Ärztin wohl zuerst gegen einen Abbruch der lebenserhaltenden
Maßnahmen war und ihre Meinung erst später geändert hat. Nach allgemeinen Grundsätzen kann es darauf nicht
ankommen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung lag das Einverständnis vor. Deshalb bemühte der Bundesgerichtshof
ein zweites Argument, das nicht recht überzeugt. Im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung sei die Patientin
in ein anderes Pflegeheim mit einer anderen behandelnden Ärztin gewechselt. Diese habe bisher niemand nach
ihrer Meinung befragt. Hätte man dieses Versäumnis dann nicht nachholen müssen?
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Datum: 14.01.2015 | Autor: Dr. Thomas Papenmeier