Vorsorgevollmacht
OLG Stuttgart: Finanzierungsgrundschuld ohne Erbschein möglich
Ein Vorsorgebevollmächtigter kann nach dem Tod des Vollmachtgebers eine
Finanzierungsgrundschuld bewilligen, ohne dass ein Erbschein (oder sonstiger Erbnachweis) erforderlich ist
(OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.10.2018 - 8 W 311/18).
Vorsorgevollmachten gelten in
der Regel über den Tod des Vollmachtgebers hinaus. Der Bevollmächtigte kann nach dem Erbfall ein Grundstück
des Vollmachtgebers veräußern, ohne dass dafür ein Erbschein erforderlich ist. Die Vollmacht muss dazu
lediglich von der Betreuungsbehörde beglaubigt oder vom Notar beglaubigt oder beurkundet sein. (In einigen
Bundesländern gibt es weitere Ausnahmen.) Wie ist es nun aber, wenn für die Veräußerung des Grundstücks eine
Finanzierungsgrundschuld nötig ist, weil der Erwerber ein Darlehen benötigt? Wenn man sich streng am
Wortlaut von § 40 GBO orientiert, wäre in diesem Fall eine Voreintragung der Erben nötig. Es müsste also
z.B. ein Erbschein beantragt werden, was Zeit und Geld kostet. Das OLG Stuttgart folgt der Ansicht, wonach
in diesen Fällen keine Voreintragung der Erben nötig ist. Die Finanzierungsgrundschuld kann also allein mit
der Vorsorgevollmacht bewilligt werden.
Das OLG
Stuttgart kommt zu diesem Ergebnis durch eine analog Anwendung von § 40 Absatz 1 GBO. Was steht im Gesetz?
§ 39 GBODanach könnte der Bevollmächtigte nur die Eigentumsumschreibung bewilligen (= Übertragung des Rechts), nicht aber die Belastung des Grundstücks. Ein Nachlasspfleger und ein Testamentsvollstrecker kann hingegen auch die Belastung des Grundstücks bewilligen. Dem OLG Stuttgart genügt dies, um die Vorschrift analog auch auf den Bevollmächtigten anzuwenden. Immerhin kann ein Nachlasspfleger entbehrlich sein, wenn sich ein Bevollmächtigter um den Nachlass kümmert.
(1) Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch sie betroffen
wird, als der Berechtigte eingetragen ist.
(2) ...
§ 40 GBO
(1) Ist die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten, so ist die Vorschrift des § 39 Abs. 1 nicht anzuwenden, wenn die Übertragung oder die Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll oder wenn der Eintragungsantrag durch die Bewilligung des Erblassers oder eines Nachlaßpflegers oder durch einen gegen den Erblasser oder den Nachlaßpfleger vollstreckbaren Titel begründet wird.
(2) Das gleiche gilt für eine Eintragung auf Grund der Bewilligung eines Testamentsvollstreckers oder auf Grund eines gegen diesen vollstreckbaren Titels, sofern die Bewilligung oder der Titel gegen den Erben wirksam ist.
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Datum: 15.01.2019 | Autor: Dr. Thomas Papenmeier