BGH: Vorsorgevollmacht verhindert Betreuung
Eine Vorsorgevollmacht steht einer Betreuung eben doch entgegen (BGH,
Beschluss vom 17.02.2016 - XII ZB 498/15, NJW-RR 2016, 1025).
Der BGH bestätigte in
seinem Beschluss vom 17.02.2016, dass es nicht so einfach ist, eine Vorsorgevollmacht über eine staatliche
Betreuung auszuhebeln. Der über 90-jährige Betroffene leidet an Demenz. Er wohnt zusammen mit seiner Ehefrau
in einem Haus, in dem auch sein Sohn wohnt. Der Betroffene hat seinem Sohn und einer Tochter eine
Vorsorgevollmacht erteilt. Scheinbar kam es zum Streit mit einer weiteren Tochter. Die andere Tochter
beantragte die Einrichtung einer Betreuung, weil der Betroffene dies wolle und die Vorsorgebevollmächtigten
ungeeignet seien. Das Betreuungsgericht folgte dem Antrag und bestellte einen Betreuer. Die bevollmächtigten
Kinder legten dagegen Beschwerde ein und verloren vor dem Landgericht. Mit der Rechtsbeschwerde zum BGH
hatten sie dann Erfolg.
Ein Betreuer darf nur bestellt werden, wenn dies erforderlich
ist (§ 1896 Absatz 2 Satz 1 BGB). Wenn es eine Vorsorgevollmacht gibt, ist eine Betreuung im Normalfall
nicht erforderlich (§ 1896 Absatz 2 Satz 2 BGB). Die Rechtsprechung hat davon in den vergangenen Jahren
zahlreiche Ausnahmen entwickelt, zum Beispiel wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht bestehen oder
wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist. So einfach ist es aber dann doch nicht. Der BGH schaute näher hin
und sah hier keinen Sachverhalt, der eine Betreuung trotz Vorsorgevollmacht zulässt.
Ob Zweifel an der Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht bestanden, hatte
das Landgericht nicht ausreichend ausgeklärt. Es hätte prüfen müssen, ob der Betroffene bei der
Vollmachtserteilung bereits geschäftsunfähig war und ob die Vollmachten in der Paxis deshalb nicht
akzeptiert werden. Das muss das Landgericht nun nachholen.
Es spielt hier keine
Rolle, dass der Betroffene geäußert hat, dass er die Betreuung wünscht. Der Betroffene konnte aufgrund
seiner Erkrankung keinen freien Willen mehr bilden kann. Seine Entscheidung in früheren Tagen, in denen er
noch geschäftsfähig war, geht dann vor. Die Vorsorgevollmacht hat auch Bestand, wenn sich der (sogenannte
natürliche) Wille des Betroffenen aufgrund seiner Erkrankung ändert.
Zuletzt ließ
sich nach den Feststellungen des Landgerichts auch nicht begründen, warum die Vorsorgebevollmächtigten
ungeeinget sein sollten. Der Streit mit der anderen Schwester genügt dafür nicht. Die Bevollmächtigten
hatten der anderen Schwester Hausverbot erteilt, sie durfte aber trotzdem die Eltern weiter besuchen.
Weiterhin hatte das Landgericht den Bevollmächtigten vorgeworfen, dass sie zu wenig tatsächliche
Pflegeleistungen erbringen. Dabei verkannte es, dass das auch nicht die Aufgabe eines
Vorsorgebevollmächtigten ist. Vielmehr muss dieser sich nur darum kümmern, dass die erforderliche Pflege
(ggf. von Dritten) erbracht wird.
Es ist daher nach wie vor eine gute Idee, eine
Vorsorgevollmacht zu erstellen. Ihr VorsorgeAnwalt
berät Sie dabei gern.
Datum: 20.12.2016 | Autor: Dr. Thomas Papenmeier