BGH: Zu weit gehende Betreuung ok, wenn Bevollmächtigte einverstanden
Wenn der Bevollmächtigte eine eigentlich zu weit gehende Betreuung selbst anregt,
dann bestehen dagegen keine Bedenken mehr aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (BGH, Beschluss vom
03.02.2016 - XII ZB 307/15, XII ZB 454/15).
Die an Demenz erkrankte Betroffene hatte
ihrer Tochter eine schriftliche Vorsorgevollmacht erteilt. Die Tochter wollte ein Hausgrundstück veräußern,
um die anfallenden Kosten zu decken. Das konnte sie aber nicht allein, weil die Vorsorgevollmacht nicht
öffentlich beglaubigt war. Die Tochter regte daher eine Betreuung an, um das Hausgrundstück zu verkaufen.
Das Betreuungsgericht richtete eine Betreuung für den Aufgabenkreis der "Prüfung und Entscheidung über
Verkauf oder Vermietung und Verwaltung der Immobilie ... sowie Durchführung der gefundenen Entscheidung" an.
Diesen Aufgabenkreis erweiterte das Betreuungsgericht später noch um den Aufgabenkreis Geltendmachung von
Rechten der Betreuten gegenüber ihrer Bevollmächtigten. Betreuer wurde ein Berufsbetreuer.
Die Schwester der Bevollmächtigten war mit der Veräußerung des Hausgrundstücks nicht einverstanden. Sie
legte daher Beschwerde und anschließend Rechtsbeschwerde ein, alles ohne Erfolg. Das eigenartige an dem Fall
ist, dass sich die bevollmächtigte Tochter gar nicht, aber dafür die andere Tochter erfolglos gewehrt hat.
Der BGH führte aus, dass eigentlich zunächst nur eine
Kontrollbetreuung hätte eingerichtet werden dürfen. Erst wenn der Bedarf zur Veräußerung des Hausgrundstücks
auch wirklich besteht, kann eine weitergehende Betreuung eingerichtet werden. Da hier aber die
Vorsorgebevollmächtigte die Betreuung angereget hatte, soll die zu weit gehende Betreuung sofort wirksam
sein. Das ist fraglich, weil damit tief in das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen eingegriffen wird.
Nicht begründet wird, wieso ein Berufsbetreuer bestellt wurde und nicht die
Vorsorgebevollmächtigte selbst zur Betreuerin bestellt wurde. Möglicherweise war sie zur Übernahme der
Betreuung nicht bereit.
Der Fall ist untypisch. Es sieht danach aus, dass der BGH der
nicht bevollmächtigten Tochter versagen wollte, sich für ihre Mutter zu wehren, wenn die bevollmächtigte
Tochter mit der Betreuung einverstanden ist. Die Begründung fällt dann auch überaus knapp aus, so dass die
Entscheidung Fragen hinterlässt. Wie wäre es besser gegangen? Wenn ein Grundstück vorhanden ist, sollte die
Vorsorgevollmacht bei der Betreuungsbehörde oder beim Notar beglaubigt oder beim Notar beurkundet werden.
Ihr VorsorgeAnwalt berät
Sie dazu gern.
Datum: 18.05.2016 | Autor: Dr. Thomas Papenmeier